2010 bis heute
Die letzten Jahre waren in Deutschland vor allem von der Diskussion um Nachhaltigkeit, Tierwohl und Ressourcenschutz geprägt. Themen mit praktischer Relevanz für die Futtermittelindustrie und Tierernährung waren insbesondere die intensive Bemühung um die Reduzierung von Nährstoffausscheidungen aus der Tierhaltung durch möglichst weitgehende Herabsetzung der Stickstoff- und Phosphorgehalte in Futtermitteln, der im Forschungsprojekt GrainUp betrachtete Einfluss auf Aminosäurezusammensetzung und deren Verdaulichkeit in Getreide, Validierung von Energieschätzgleichungen von Wiederkäuermischfutter, die Energiebewertung in der Schweinefütterung, die verstärkte Beachtung und Beachtung unterschiedlicher Faserfraktionen und deren Wirkung in der Schweine- und Geflügelfütterung oder auch die intensive Bemühung um eine effektive Reduzierung von mikrobiologischen Belastungen in Futtermitteln.
Politische Relevanz hatten andere Themen, die sich aber ebenso auf die Futtermittelwirtschaft auswirkten und noch auswirken: In der gesamten Landwirtschaft wurde das „Greening“ (Fördergeldzahlungen, die an bestimmte ökologische Standards gebunden sind) im Rahmen der weltweiten Rohstoffknappheit verstärkt diskutiert. Weitere Gründe für die Rohstoffknappheit waren unter anderem der weltweit steigende Rohstoff- und Futtermittelbedarf. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat ohne Frage erhebliche Auswirkungen auf den Anbau uns die Verarbeitung von Rohstoffen aus der Landwirtschaft.
Eine wichtige Änderung war das nationale Verbot für die Käfighaltung von Legehennen ab dem 01.01.2010, das sich unmittelbar auf die Herstellung und den Absatz von Legehennenfutter auswirkte. Das Verbot kam in Deutschland mindestens zwei Jahre früher als in anderen EU-Staaten, was zu deutlichen Produktionsverlagerungen und höheren Eiimporten führte.
2015 wurde die EU-Milchquote abgeschafft. Die an sie gesteckten Ziele der strikten Mengenbegrenzung mit gleichzeitiger Preisstabilisierung wurden allenfalls teilweise erreicht. Der politische Wille des EU-Gesetzgebers ist klar gegen derartige massive Marktbeschränkungen gerichtet. Die ökonomischen Effekte der Abschaffung der Quote wurden durch einen weltweiten massiven Preisverfall überlagert. Beides trug partiell zur Fortsetzung des Strukturwandels in der Milchviehhaltung bei. Der allgemeine Trend zu weniger Betrieben und mehr Tieren je Betrieb wurde dadurch zusätzlich forciert.
Mit einer seit BSE nicht mehr beobachteten enormen Resonanz reagierten Medien und Politik auf die Vorfälle um überhöhte Dioxin-Belastung in Futterfetten zum Jahreswechsel 2010/2011. Der Ausgangspunkt der Krise lag in der Nutzung mit Dioxin belasteter Fettsäuren bei der Herstellung von Futterfetten. Obwohl das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) resümierte, dass zu keiner Zeit eine Gefährdung der Verbraucher, der menschlichen oder tierischen Gesundheit bestanden hatte, war der Schaden für Verbrauchervertrauen und Image der Branche immens. Nach dem Dioxin-Vorfall reagierte die Wirtschaft schnell: Bereits zum 01.03.2011 wurden ergänzende Vorgaben für die Futtermittelwirtschaft festgeschrieben. Zusätzlich erfolgte vier Monate später die Verpflichtung zur chargenbezogenen Freigabeuntersuchung für Mischfette und -öle, die Fettsäuren enthalten, sowie für weitere risikobehaftete Einzelfuttermittel aus dem Fettbereich. Vor dem Hintergrund anderer Lebensmittelkrisen des Jahres 2011, die mit Todesfällen und gravierenden Erkrankungen einhergingen (und die kein gesetzgeberisches Nachspiel hatten), mutete die Maßnahmen und die öffentliche Wahrnehmung des Dioxinvorfalls als völlig überzogen und nicht sachgerecht an.
Der DVT engagiert sich mit seinen Mitgliedsunternehmen auch im Bereich der Forschung. So gibt es ein von der Bundesregierung gefördertes Projekt GrainUp , dessen Arbeiten zur Nährstoffzusammensetzung von Futtergetreide und Möglichkeiten der züchterischen Beeinflussung, um den Bedarf von Nutztieren möglichst passgenau zu entsprechen, 2015 nach 4 Jahren intensiver Forschung präsentiert werden konnten. Mit ihren Ergebnissen wenden sich die Forscher sowohl an die Tierernährung als auch an die Getreidezüchtung, der sie neue Wege eröffnen, die Qualität und Nutzbarkeit von Futtergetreide züchterisch deutlich zu verbessern. Das Projekt GrainUp wurde zu 25 Prozent aus der Wirtschaft finanziert. Der DVT hat sich als einer der Wirtschaftspartner finanziell in diesem Projekt engagiert.
Auch das Zusammenwirken mit anderen Organisationen – ob temporär aufgrund von gleichen Interessen oder längerfristig – spielten und spielen eine große Rolle innerhalb der berufsständischen Vertretung. Das Ziel hierbei ist: mit einer Stimme zu sprechen und mehr Gehör zu finden, als man es vermeintlich alleine erreichen könnte.
Insbesondere mit Blick auf agrarpolitische und agrarökonomische Zusammenhänge der Politik hat der DVT 2004 mit Verbänden der Getreide-, Futtermittel- und Ölsaatenwirtschaft als Verbände-Allianz den Grain Club gebildet, um mit ihnen gemeinsame Interessen zu vertreten und über wichtige ökonomische Zusammenhänge zu informieren. In der Wertschöpfungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft sind die Mitgliedsunternehmen dieser Verbände in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereichen Verarbeitung, Herstellung und Handel tätig.
Im Jahr 2016 vereinbarte der DVT mit dem Deutschen Raiffeisenverband e. V. (DRV) eine enge Zusammenarbeit im Arbeitsbereich der Futterwirtschaft. Diese Entscheidung resultierte auch aus der Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der Genossenschaften mit Futtermittelgeschäft auch eine DVT-Mitgliedschaft erworben hatten. Die Verbände stärken damit die Interessenvertretung für ihre Mitgliedsunternehmen und bündeln gemeinsame Arbeitsfelder sowie fachliche Aufgaben in Ausschüssen.